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Pressemitteilung

MUNA-Gelände bei Feucht ist schützenswert - auch für Nürnberg

Bericht vom Rundgang am 01.07.2023

Gebiet der Muna Feucht (Verwendung mit freundlicher Genehmigung von Barbara Dorfner, Reichswald-bleibt e.V.)

Am Westtor des MUNA-Geländes in Feucht treffen wir Frau Barbara Dorfner von "Reichswald bleibt e.V." Gemeinsam mit Mitstreitern informiert sie die ÖDP Nürnberg und interessierte Gäste über die Geschichte des Areals, die Natur, die man dort vorfinden kann und auch über die Denk- und Herangehensweise der Deutschen Bahn. Erst im Jahr 2000 war das Gelände eingezäunt worden und ein Warnschild "Lebensgefahr" hält vom Betreten ab. Auf ca. 8 km umfahren wir das Sperrgebiet mit unseren Rädern.
Das im Dreieck zwischen den Autobahnen A6, A9 und A 73 sowie der ICE-Trasse befindliche Gelände der ehemaligen "Herresmunitionsanstalt Feucht" hatte in den  letzten Jahren immer wieder Begehrlichkeiten geweckt. In den 90-ern wurde hier ein Gewerbepark errichtet und es gab immer wieder  Bestrebungen, diesen auszuweiten und auch eine Mülldeponie war angedacht. Von den in den letzten Jahren im Großraum Nürnberg im Raumordnungsverfahren näher untersuchten Standorten für ein ICE-Werk war die Muna Feucht der letzte Standort, bis auch dieser im April 2023 aufgegeben wurde.

Siebzig Bewohner der Waldsiedlung Weißensee, von denen die Bahn gar nichts gewusst hatte, als sie die Planungen vorwärtstrieb, wurden teilweise in Existenzängste getrieben.

Auf dem Gelände lagern ca. 18 t Schwefellost. Der Trivialname Senfgas für diesen chemischen Kampfstoff ist etwas irreführend, da die Substanz bei Raumtemperatur zähflüssig ist und erst bei 217°C siedet. Um das Eindringen in das Grundwasser zu verhindern wurde die Lagerstätte in den Jahren 2006-09 mit Erdreich abgedeckt, wobei dieses selbst auch stark belastet ist. Es ist mit Polyfluoriertem Kohlenwasserstoff (PFOS) verseucht und stammt aus einem anderen Bereich des Muna-Geländes, wo sich in der Zeit der Nutzung als amerikanischer Militärflughafen ein Tanklager befand. Die 6 m hohe und 600 m lange Schüttung, wo jetzt also PFOS verseuchtes Erdreich rostige Schwefellost-Kanister schützt, wird „Sarkophag“ genannt. Unter dem Kampfstoff-Endlager befindet sich eine abdichtende Lehmschicht und die Seiten sind mit metertiefen Spundwänden abgedichtet. Es gibt ein Messstellen-Monitoring. Bisher ist das Grundwasser nicht davon betroffen.

Anders als zunächst vermittelt hatte die Bahn nicht vor gehabt, diese Altlasten auf dem MUNA-Gelände zu räumen. Eine Sanierung des Sarkophags wird von allen Seiten abgelehnt: Es gibt keine Ressourcen dafür, keine Firma würde dies übernehmen, es wäre nicht möglich, lediglich auf den Waldwegen zu agieren, die Artenvielfalt wäre gefährdet durch das übergroße Unterfangen, diese Gifte voneinander zu trennen. Es käme einer Verlagerung von Giftstoffen gleich, so dass anderenorts eine weitere Umweltbelastung entstünde. Der Eingriff in die Natur wäre nicht zu entschuldigen.

Uns werden Fotos von dem forstwirtschaftlich sehr wertvollen Wald in diesem Sperrgebiet gezeigt: Er verjüngt sich selbst, stehendes Totholz der 70-jährigen Birken und die entstandenen Tümpel geben vielen Arten ein Zuhause, die sonst durch den Mensch und seine Eingriffe in die Natur selten zu finden sind: Spechte, Kreuzotter, Kreuzkröte, Gelbbauchunke und Kammolche.

Die Zukunft des Waldes schildern die Naturfreunde vor Ort so: Die seltenen Arten und der Zugang für sie zu Nahrung muss gestärkt werden, die Landschaft darf nicht weiter zerschnitten werden, da bereits von drei Seiten der Lebensraum der Tiere durch Verkehrswege und Ansiedlung begrenzt wird. Vergleichbar mit den Przewalskipferden in Tennenlohe könnten Wildrinder oder Pferde den Boden offen halten, Huftiere mit ihrem Verbiss den Wald erhalten und verjüngen. Für den Menschen und die Region könnte die Attraktivität des Waldes gesteigert werden, indem der Zugang künftig ermöglicht wird durch eine Naturbeobachtung von oben.

Um die Bevölkerung aufzurütteln, haben die Bürgerinitiativen deutlich gemacht, was den Menschen fehlen würde: Durch Hinweisschilder, die die Dimensionen des ICE-Werks markierten, durch Kennzeichnung der Rad-und Forstwege, die wegfallen würden für diejenigen, die sie täglich als Weg zu Arbeit und Schule benutzen. Abstrakte Pläne auf dem Papier wurden konkret durch Schilder, die sich dem Waldbesucher aufdrängten.

Für Nürnberg ist der Wald in diesem Autobahndreieck eine bedeutende Kaltluftschneise. Die Nürnberger Bevölkerung profitiert also von den Bestrebungen der Leute vor Ort, ein Naturschutzgebiet auszuweisen. In der Vergangenheit reichte die Ausweisung als Bannwald, Europäisches Vogelschutz- und Natura 2000-Gebiet nicht, um die wiederholten Versuche, auf den Wald zurückzugreifen, im Keim zu ersticken. Vielmehr ist trotz Schutzstatus für die Autobahn viel Wald verschwunden, mit ihnen Auerhühner und andere Arten. Obwohl Nürnberg von einem Bau des ICE-Werks unmittelbar betroffen gewesen wäre aufgrund der steigenden Hitze in der Stadt, kam von städtischer Seite nie Unterstützung für die Bürgerinitiative. Auch von bürgerlicher Seite wurden die Bürgerinitiativen moralisch nicht unterstützt. Wir stellen fest, den wenigen Zeitungsmeldungen aufgesessen zu sein, die dem Verständnis für die Anliegen der Bürgerinitiativen nicht förderlich waren.

Bemerkenswert ist, dass 2018 die Bahn das Gelände des Südbahnhofs, also das zukünftige Lichtenreuth verkauft hatte. Angeblich hätte man damals noch keinen Bedarf für ein ICE-Werk festgestellt.

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