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Pressemitteilung

Haushaltsrede von Inga Hager in der Stadtratssitzung (Etat)

Plädoyer für ökologische Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucher:innen, liebe Vertreter:innen der Presse,

ich möchte Sie auf einen kleinen Ausflug in die Geographie und in die Biologie mitnehmen, um Ihnen verständlich zu machen, welch einen Schatz es zu hüten gilt, um unsere Lebensgrundlagen und unseren sozialen Frieden zu sichern:

In der Philippinischen Stadt und Region Kauswagan hat vor ca. 13 Jahren der Bürgermeister Rommel Arnado eine mutige Entscheidung getroffen. Die 24.000 Einwohner zählende Region hatte mit sehr viel Gewalt zu kämpfen. Die gegnerischen Konfliktparteien waren einerseits islamische Guerillakrieger und auf der anderen Seite Regierungstruppen christlichen Glaubens. Durch totales Versagen der Verwaltung und Politik kam es zu einer Hungerkatastrophe, die wiederum Krieg und Gewalt verschärfte. Der neue Bürgermeister erkannte, dass Armut, Hunger und mangelndes Vertrauen, dass sich das zukünftig ändern könnte, die Ursachen für die Gewalt waren und nicht die religiösen und kulturellen Unterschiede. So fasste er den mutigen Entschluss zu versuchen, Frieden und Vertrauen durch nachhaltige Entwicklung zu schaffen und damit den Menschen ihre Würde zurück zu geben. Er entwickelte das Programm „Arms to Farms“ (*) und bot den Rebellen an, ihre Waffen gegen Land und Ausbildung in Bio-Landbau zu tauschen. Das führte innerhalb von neun Jahren zu einer Reduktion der Armut von ursprünglich fast 80% auf 9%. Es entstanden Gemeinschaftsgärten und Bio-Höfe und die Menschen haben die Möglichkeit, aber auch die Pflicht, sich an dieser Arbeit zu beteiligen und ihre Lebensmittel selber zu produzieren. Diese Region wird zu 100% biologisch bewirtschaftet, d.h. Es werden weder Kunstdünger noch Pestizide ausgebracht. Dieser Erfolg strahlt in viele weitere Regionen der Philippinen aus.

Boden ist Lebensgrundlage und überlebenswichtig für Mensch und Tier. Die rasanten Veränderungen im globalen Klima und die übermäßige und ausbeuterische Landnutzung führen zu einem massiven Biodiversitätsverlust, der die natürlichen Funktionen des Bodens durcheinanderbringt und letztlich zerstört.

Die Fruchtbarkeit wird bestimmt durch Mikroorganismen, Pilze und Kleinsttiere des Bodens, sowie durch die Bestäubungsleistung der Insekten.

Unser Boden dient als Wasserspeicher zur Pflanzenversorgung und trägt zur Temperaturregulierung und zum Hochwasserschutz bei.

Als Kohlenstoffspeicher reduziert er das CO2 in der Atmosphäre und ist dadurch klimarelevant.

In einem Hektar intakten Ackerlands leben Bodenorganismen (Algen und Pilze, Bakterien, Larven und Würmer), die in ihrer Masse 15t ausmachen, das entspricht einem Gewicht von 20 Kühen. Und obwohl wir beim Gedanken an Tiere eher an Hunde, Katzen, Rinder, Schweine oder Hasen denken, so befindet sich weltweit doch ca. 50% der tierischen Biomasse im Boden.

Diese Zusammenhänge waren für die ÖDP der Hauptgrund, das Bürgerbegehren „Nürnberg - grün und lebenswert“ mit zu unterstützen. Wir werden weiter darauf achten, dass Grünflächen, Äcker und Wald wo irgend möglich erhalten bleiben. Leerstehende Gebäude müssen genutzt und wo nötig umgebaut werden, bevor an Neubau gedacht wird, denn es steckt ja bereits viel graue Energie darin.

Das Operninterim in der Kongresshalle ist eine extrem kostenintensive Angelegenheit. Wir halten den Ort durchaus für geeignet, durch Kunst und Kultur bespielt zu werden. Wir glauben nicht, dass der Bau für Bühne und Zuschauersaal den Eindruck des ansonsten leeren Innenhofes der Kongresshalle sehr beeinträchtigen wird. Und wir glauben, dass sich sowohl die Künstler:innen, als auch die Besucher:innen an den Ort gewöhnen werden, er ist gut mit Öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Wenn sich also absehbar herauskristallisiert, dass die Renovierung des Gebäudes am Richard-Wagner-Platz als Oper nicht finanzierbar ist, so sehen wir kein Problem darin, dieses Haus für andere Nutzung kostengünstiger zu sanieren und aus dem „Provisorium“ in der Kongresshalle ein „Bleibum“ zu machen.

Ganz niederschwellig möchten wir aber Schülerinnen und Schülern nach den Einschränkungen der Corona-Jahre ein kulturelles Angebot machen und haben dazu folgenden Antrag formuliert:

Schülerinnen und Schüler sollen für die Dauer der Bayerischen Sommerferien freien Eintritt in die städtischen Museen inklusive der Sonderausstellungen bekommen.

Zwar gibt es schon die sehr günstige Schüler-Kulturkarte, diese ist aber sehr aufwändig nur einmal pro Jahr über die Schule zu beantragen. Wer also nicht gleich „hier“ schreit, hat dann für den Rest des Jahres die Chance verpasst. Gerade in den sechs Wochen Sommerferien, in denen einige Familien aus Kostengründen nicht verreisen können, bieten die Museen eine interessante Beschäftigungsmöglichkeit.

Die Bayerische Landesgartenschau 2030 unterstützen wir in der großen Hoffnung, dass auch hierbei ökologische und soziale Aspekte eine große Rolle spielen und der Stadtgesellschaft nachhaltig zugutekommen werden. So ist es uns ein Anliegen, dass sich Nürnberg den Besucherinnen und Besuchern dieser urbanen Gartenschau sowohl als Biometropole, als auch als Stadt des Fairen Handels präsentieren wird.

Nun zu unseren Anliegen den städtischen Haushalt betreffend:

Mit den folgenden drei MIP-Anträgen möchten wir die geplanten Abstriche im Ökobereich nicht mittragen:

  • Nr. 66: Erwerb von Ausgleichs- und Ersatzflächen: +22 T€
  • Nr. 73: Ertüchtigung/Herstellung Ökokontoflächen: +7 T€
  • Nr. 08: Landschaftsschutzmaßnahmen mit Biotopverbund: +6 T€

Da unsere Stadt nicht mit steigender Einwohnerzahl wachsen kann, müssen zur Wahrung des sozialen Friedens Flächen umverteilt werden. Der Autoverkehr nimmt bisher zu viel Platz in der Stadt ein. Daher unterstützen wir keine Schaffung neuer KFZ-Stellplätze und Autobahnen:

  • Nr 53: Schaffung von Stellplätzen: -250 T€
  • Nr 00057 Kreuzungsfreier Ausbau Frankenschnellweg: -625 T€ für 2024

Zur Ermöglichung der Mobilität möchten wir den Ausbau von Radwegen aber trotz Personalknappheit doch wenigstens mit 8 Mio € im kommenden Jahr voranbringen:

  • Nr 42: Bau von öffentlichen Radwegen: +798 T€

Wir begrüßen die 8 neuen Stellen zur Umsetzung des Mobilitätsbeschlusses (Nr. 84), womit den Bürger:innen eine gewisse Verlässlichkeit signalisiert wird, und die Aussicht, dass die vom Rat gefassten Beschlüsse auch umgesetzt werden. Natürlich hoffen wir, dass die Stellen auch zügig besetzt werden können. Auch die Initiative zur Installation sogenannter „Superblocks“, unterstützten wir von Anfang an.

Und wir begrüßen die Schaffung einer halben Sachbearbeiter-Stelle zur Inklusion durch Sport (Nr. 42), die wir im Hinblick auf die Bewerbung der Stadt Nürnberg für die Nationalen Spiele der Special Olympics Deutschland im Jahr 2026 für wichtig halten. Gut, dass die Hausverwaltung im Sportbereich eine halbe Stelle entbehren kann, so dass dies ohne Mehrkosten für 2024 möglich wird. Inklusion in der Stadtgesellschaft muss auch in finanziell schwierigen Zeiten immer Priorität haben - hier sollte es keine Einsparungen und Kompromisse geben.

Sowohl im Sozialen, als auch im Umweltbereich gilt es, in die Prävention zu investieren, denn die Reparaturmaßnahmen würden ein vielfaches der Kosten verursachen.

Wenn die maßgeblich durch die Ratskooperation beantragte Verbesserung der Aufenthaltsqualität der Innenstadt durch Verkehrsberuhigung und Entsiegelungsmaßnahmen sowie Baumpflanzungen geschieht, dann finden wir eine Million Euro angemessen. Dies bedeutet ja Investitionen in die Zukunftsfähigkeit der Stadt und für die Stadtbevölkerung.

Eine temporäre Eislauffläche auf dem Hauptmarkt für 40.000 Euro, wie von der CSU-Fraktion beantragt, steht dazu aber in keinem Verhältnis, das lehnen wir ab.

Die zunehmenden schriftlichen und telefonischen Bürgeranfragen zur Baumschutzverordnung müssen jeweils zeitnah, aber auch kompetent und sachgerecht beantwortet werden, um dem Baumschutz in bester Weise gerecht zu werden. Hier gilt es, trotz eines größtmöglichen Baumerhalts der Verkehrssicherungspflicht zu genügen. Dazu beantragen wir die unter Nr. 31 geforderte Teilzeitstelle für den Baumschutz doch zu schaffen.

Die Aufstockung um eine 0,22 %-Stelle im Landschaftspflegebereich ist uns ebenso wichtig, da der konsequente Artenschutz in den kommenden Jahren eine zunehmend wichtige Bedeutung bekommt und damit auch zu Mehraufwand für die Verwaltung führen wird. Die Umsetzung der Anforderungen aus dem Bayerischen Volksbegehren zum Artenschutz „Rettet die Bienen“ machen diese Stelle unseres Erachtens dringend erforderlich.

Um diese zusätzlichen Forderungen unsererseits gegen zu finanzieren, schlagen wir vor, die Vollkraftstelle im Datenmanagement auf eine halbe Stelle zu reduzieren.

Wie von Achim Mletzko bereits skizziert, ist es auch uns bewusst, was wir alles verlören, wenn der Haushalt durch die Regierung von Mittelfranken nicht genehmigt würde. Deshalb war es uns wichtig, allen zusätzlichen Wünschen (MIP-Anträge und bei den Stellenschaffungen) auch jeweils Einsparmöglichkeiten entgegen zu stellen.

Stellenschaffungen:

  • Nr. 31: Aufstockung Verwaltung Baumschutz 0,36 VK => +21.440 € jährlich => angenommen (Ö2.1)
  • Nr. 34: Aufstockung Sachbearbeitung stv. Geschäftsführung Landschaftspflegeverband: 0,22 VK => +20.331 € jährlich

Nichtschaffung von Stellen:

  • Nr. 5: Datenmanagement, die 1 VK Data-Scientist wollen wir um 1/2 Stelle reduzieren => eine jährliche Ersparnis von 44.408 €

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(*) https://www.youtube.com/watch?v=2TvNrzZHDxs

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