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Pressemitteilung

Nicht für die Kultur sollen einundsechzig Bäume fallen, sondern für die ‚Autogerechtigkeit‘!

Bezüglich des geplanten Konzertsaales hatte die ÖDP Fragen zum Standortauswahlverfahren und zu den Plänen

„Gibt es noch irgendeine Chance, die Bäume westlich der Kleinen Meistersingerhalle zu erhalten?“ Das war eine der zentralen Fragen, die der Vorstand der ÖDP Nürnberg an die Vertreter der Stadt hatte, und obwohl die Antwort darauf für die ÖDP-Vertreter ernüchternd ausfiel sind sie dankbar dafür, dass sich Herr Robert Vogel und sein Team die Zeit für einen Ortstermin genommen hatten. Herr Vogel ist der Bauherrenvertreter für die Kulturgroßbauprojekte der Stadt Nürnberg im Geschäftsbereich Kultur der Bürgermeisterin. Er wurde begleitet von Baudirektor Alexander Leupold (Leiter der Projektbaudienststelle) und Thomas Brejschka (Projektleitung Konzerthaus).

Vor wenigen Tagen wurde vom Baureferat in der Konzerthaus-Kommission bekannt gegeben, dass anstatt wie zunächst geplant 82 Bäume, jetzt nur noch 61 gefällt werden sollen. „Wie das?“ war die erste spontane Frage: Zwei Bäume sollen versetzt werden und einige andere, denen die Experten keine lange Lebensdauer mehr attestieren, sollen nun doch noch für ein paar Jahre stehen bleiben dürfen. Aber 61 Bäume müssen definitiv „entnommen“ werden. Dazu stellt Claudia Zankl von der ÖDP klar: „Das heißt diese 61 Bäume werden gefällt, und eben nicht wie die zwei jungen, die gerade nochmal Glück hatten, vorsichtig mit der Rundspatenmaschine ausgegraben, um sie anderswo wieder einzusetzen. ‚Entnahme‘ ist hier nur ein Euphemismus.“ 48 Bäume stehen dem Konzertsaalneubau direkt im Wege und 13 weitere Bäume müssen wegen einer Umverlegung von Kanalisation und Wasserversorgung fallen. Es sind zahlreiche Ersatzpflanzungen geplant, wobei es natürlich Jahrzehnte dauern wird bis diese dem ökologischen Wert der gefällten Bäume entsprechen werden.

„Dass der Konzertsaal westlich der bisherigen Meistersingerhalle gebaut werden soll, wurde im Juli 2017 einstimmig im Stadtrat beschlossen“ wiederholte Herr Vogel mehrmals an diesem Nachmittag. „Wie viele Bäume dafür sterben müssen konnte damals noch niemand beziffern, zumal der Architektenwettbewerb und alle weiteren Planungen erst danach starteten. Aber dass hier momentan Bäume stehen, ja zum Teil auch sehr wertvolle alte, dass hätte jedem damals klar sein müssen. Wenn der auf Basis des Realisierungswettbewerbs ausgewählte Entwurf gebaut werden soll, dann gibt es keine Chance, weitere Bäume auf dem Baufeld zu erhalten. Über Änderungen muss der Stadtrat beschließen, aber ein Konzerthaus an anderer Stelle würde eine komplette Neuplanung des Projekts erforderlich machen.“

Herr Vogel zählte die alternativen Standorte auf, die 2015 näher untersucht wurden und fasste die Bewertungen zusammen. Das waren außerhalb des Luitpoldhains z.B. Norikus/Wöhrder See, hinter der Tafelhalle, AOK/Altstadtring, das Quelle-Areal an der Fürther Straße, Ostendstraße/ Fa. Staub, der Augustinerhof und am Kohlenhof. Im Rückblickt dazu sagt Inga Hager, seit Mai 2020 ÖDP-Stadträtin: „Es ist schockierend zu hören, dass die Kriterien „Parken“ und „Zu- und Abfahrtsmöglichkeit mit dem privaten PKW“ bei der Standortauswahl eine derart hohe Priorität genossen, und dass dadurch letztlich alle Alternativen schlechte Karten hatten oder gar nicht weiter untersucht wurden. Es wurde einfach vorausgesetzt, dass das Publikum wie bisher gewohnt mit dem eigenen Auto anreisen, parken und zu später Stunde geballt wieder abreisen wird.“

Herr Vogel kennt das Problem durchaus, denn vor allem der Lärm nach den Veranstaltungen am späten Abend war in der Vergangenheit immer wieder Grund für Klagen der Anwohner in der Nachbarschaft des großen Parkplatzes der Meistersingerhalle. Und das Problem besteht eigentlich weiterhin. „Dieser Parkplatz wäre heute nicht mehr genehmigungsfähig, aber jetzt genießt er Bestandsschutz“ so Vogel. „Eine Tiefgarage an dieser Stelle würde das Problem nicht lösen. Auch wenn das Türenschlagen dann nicht mehr so nach außen dringen würde, es blieben die Motorgeräusche bei der Auffahrt auf die Schultheißallee.“

Für den Standort im unmittelbaren Umfeld der Meistersingerhalle spricht auch, dass hier einige Synergieeffekte genutzt werden können. Unter anderem kann so die bestehende Küche und Lagerräume im Keller auch für den Konzertsaal mitgenutzt werden. Bleibt die Frage, warum der Konzertsaal westlich und nicht östlich der Meistersingerhalle errichtet werden soll, wo doch gerade westlich viel mehr ökologisch wertvolle Bäume stehen. Für den westlichen Standort sprechen gestalterische Aspekte und, wie Herr Vogel betont: städtebauliche Gründe. Gegen den östlichen Standort sprechen die Verhältnisse im Untergrund des großen Parkplatzes: eine hohe Grundwasserströmung, vermutete Altlasten und ein verrohrtes Gewässer. Und ja, auch auf dem großen Parkplatz müssten Bäume gefällt werden, wenn auch viel jüngere und somit nicht so wertvolle. Für Beatrix Springer (ÖDP) ist der Hauptgrund aber ein anderer: „Auf dem kleinen Parkplatz gehen 150 Stellplätze verloren, auf dem großen wären es 650! Klar, dass dann dessen Bestandsschutz höherwertig ist, als der von ein paar alten Bäumen.“

Abschließend resümiert Ludwig Hager (ÖDP): „Der Beschluss, dass 61 Bäume fallen müssen, lässt sich nicht mehr ändern, vor allem auch, weil die aktuelle Mehrheit im Rathaus keine Änderung wollen wird. Zu viele dort befinden sich in ihrem Denken noch ganz in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts, wo es als fortschrittlich galt, eine „autogerechte Stadt“ aufzubauen. Wer selbst nie anders als mit dem Auto zum Konzert kam, wessen Eltern und Großeltern ebenso schon immer Kulturveranstaltungen mit dem Auto besuchten, der kann sich das gar nicht anders vorstellen. Mir scheint, dass für manche das Sehen und Gesehenwerden bereits auf dem Parkplatz beginnt, was allen alternativen Anreisearten wie z.B. auch der Nutzung eines Park and Ride Angebotes entgegensteht, und wie sehr Veranstaltungen der sogenannten ‚Ernsten Musik‘ mit der repräsentationsbetonten Automobilität verknüpft sind, war bisher auch an der Werbung auf Tickets und Programmheften erkennbar. Aber Aufgeben geht nicht und jeder Ärger über vertane Chancen in der Vergangenheit sollte uns bestärken, die nächsten Chancen besser zu nutzen: Wenn demnächst die Nürnberger Mitglieder des Bund Naturschutz befragt werden, ob dieser seinen Rechtsstreit gegen den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs für die „Zusicherung von Selbstverständlichkeiten“ beenden soll, dann will ich hoffen, dass eine Mehrheit nicht fürs Aufgeben, sondern für das Weiterkämpfen stimmt, denn das sollte uns der Kampf gegen den Klimawandel weltweit und für den Erhalt der Bäume in unserer Stadt wert sein.“

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